Es ist ja nichts Neues, dass Bücher, vor allem Kinderbücher, geeignet sind, um schnell eine neue Sprache zu erlernen. Der Inhalt ist schnell klar, die Sprache einfach verständlich und die Geschichten meist aus dem Leben gegriffen. Genau wie Kinder, die eine Sprache erst von Grundauf lernen müssen, können es mit einem Kinderbuch die Erwachsenen tun, so die Idee.

 

Was ein Kinderbuch so besonders macht

Dabei ist es nicht leicht, ein Kinderbuch zu finden, das die Gedanken von Kindern authentisch transportiert und zu dem man einen persönlichen Bezug aufbauen kann. „Jip und Janneke“ weist zudem kurze Sätze auf und eine Vielzahl von Signalwörtern, so dass es nicht schwer fällt, dran zu bleiben.

Komplexe grammatikalische Formen wie das vermeintlich schwierige ‚er‘ + Präposition verlieren bei „Jip und Janneke“ ihren Schrecken. Sie werden eingängig und auf lustige Weise verwendet, so das ich als Sprachlehrer kaum noch etwas erklären muss:

 

Bootje varen

‘Ik heb een schip,’ roept Janneke. ‘Het bed is een schip.’ ‘Er moet eerst een zeil op,’ zegt Jip.
Jip en Janneke spelen in de slaapkamer. In de slaapkamer bij Janneke thuis.Want het regent.

En moeder heeft gezegd:‘Ga de keuken uit. En gauw.’ En nu zitten ze dus op het grote bed.
En het bed is een schip. ‘Ik weet wat,’ zegt Janneke. ‘Hier is een droogrek. Dat is de mast.’

‘En nu een zeil,’ zegt Jip. ‘Wel, dat is makkelijk. Het zeil is natuurlijk een laken.’
O, wat een echt schip is het nou! ‘Waar gaan we naartoe?’ vraagt Janneke.

‘Naar Amerika,’ zegt Jip. ‘Mag Takkie ook mee?’ ‘Ja,Takkie moet ook mee.’ ‘En de poes? […]

 

Annie M.G. Schmidt als Inspirationsquelle

Die Bücher von Annie M.G. Schmidt sind zuerst zwischen 1952 und 1957 in der Tageszeitung „Het Parool“ erschienen. Sie haben ganzen Generationen von Niederländern, Ausländern und sogar einigen bekannten Schriftstellern geholfen, sich in der niederländischen Sprache besser zurecht zu finden.

 

„Jip en Janneke“ ein Kinderbuch im Asylantenheim 

Auch der Schriftsteller Kader Abdolah, ein iranischer Immigrant, der mittlerweile viele Erfolge in Holland gefeiert hat, fand durch die Bücher von Annie M.G. Schmidt einen ersten Zugang zu der fremden Sprache. Aber das war noch nicht alles. Er las die Geschichten von „Jip en Janneke“ im Asylantenheim. Sie waren für ihn ein fröhliches Pendant zur dunklen Nachkriegszeit, denn sie erzählen von der heilen Welt holländischer Familien. Ein Klischee vielleicht aber für den Schriftsteller eine Inspirationsquelle.

So bekam er ein durch ein Kinderbuch einen interessanten Einblick in die niederländische Kultur abseits von Pessimismus, Arbeitslosigkeit und Tristesse und lernte im Vorbeigehen die Sprache. Darauf konnte er im folgenden sein schriftstellerisches Talent aufbauen.